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Die Geschichte der Stadt Davenport (part 2)
Page 482
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468 Die Geschichte von Davenport. in Amerika. In 1850 gab es unter den 2526 Zeitungen dieses Landes bereits gegen fünfzig in deutscher Sprache, und die immer stärker anschwellende Einwanderung ermunterte zur Gründung von immer neuen deutschen Blättern, von denen freilich viele nach kurzer Zeit des Grünens wieder welkten und abfielen, während einige andere bald in die glücklichere Lage kamen, täglich zu erscheinen. In den fünf Jahren von 1846 bis 1850 hatte die Einwanderung so viele Deutsche und Schweizer nach Davenport und Scott County gebracht, daß hier der größte Sammelpunkt eines Deutschthums im Westen nördlich von St. Louis und Belleville und westlich von Chicago war. Es gab hier bereits mehrere hundert deutsche Familien von zusammen 800 bis 1000 Köpfen, und da schien es hohe Zeit, daß auch Davenport sein deutsches Zeitungsblatt habe. Dem Bedürfniß wurde von Samuel J a c o b s e n abgehofen, welcher kühn die Herausgabe einer Zeitung unternahm, welche den schönen Namen "D e m o k r a t i s c h e r H e r o l d" erhielt. Viel läßt sich über diese Erstlingsblüthe deutscheramerikanischer Journalistik in Davenport nicht berichten, denn sie ist nur sechs oder acht Wochen alt gewesen, als sie das Köpfchen hängen ließ und einschlummerte. Wilhelm Stolley (in 1856 und 1857 der Führer der holsteinschen Kolonisten-Gesellschaft von Davenport, welche Grand Island in Nebraska gründete), erzählte von diesem Zeitungsgründer in späteren Jahren, derselbe sei ein Kandidat der Theologie gewesen und hätte, seinen eigenen Angaben nach, längere Jahre als Hauslehrer bei einem der Großfürsten in St. Petersburg fungirt. "Herr Jacobsen war", so schrieb Stollen, "ein rechter Schlaumeier. Er trug eine stark verschossene Sammetmütze, die er weit in den Nacken gerückt hielt; er hatte kleine graublaue und binzelnde Aeuglein und ging ziemlich schäbig gekleidet; aber daß er verflixt klug war, hat er bewiesen. Er logirte bei meinem alten Freunde Charles Enser am Washington Square und blieb sein Quartiergeld schuldig. Für Jacobsen war es eine leichte Sache, mich zu bewegen "mein ganzes Vermögen", welches übrigens nicht weither war, dem gemeinnützigen Unternehmen dienstbar zu machen. An großen Versprechungen ließ er es nicht fehlen, so daß ich das nöthige Bretterholz anschaffte und eigenhändig nach seinen Anordnungen die Setzkästen für seine Zeitungsdruckerei anfertigte. Von den ihm vertrauenden Bürgern in Stadt und Land ließ er sich das Geld auf eun Jahr vorausbezahlen und nahm nach kurzer Zeit französischen Abschied. Jetzt wird er wohl schon lange im Himmel sein." John Ewers, der bekannte frühere Barbier, welcher
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468 Die Geschichte von Davenport. in Amerika. In 1850 gab es unter den 2526 Zeitungen dieses Landes bereits gegen fünfzig in deutscher Sprache, und die immer stärker anschwellende Einwanderung ermunterte zur Gründung von immer neuen deutschen Blättern, von denen freilich viele nach kurzer Zeit des Grünens wieder welkten und abfielen, während einige andere bald in die glücklichere Lage kamen, täglich zu erscheinen. In den fünf Jahren von 1846 bis 1850 hatte die Einwanderung so viele Deutsche und Schweizer nach Davenport und Scott County gebracht, daß hier der größte Sammelpunkt eines Deutschthums im Westen nördlich von St. Louis und Belleville und westlich von Chicago war. Es gab hier bereits mehrere hundert deutsche Familien von zusammen 800 bis 1000 Köpfen, und da schien es hohe Zeit, daß auch Davenport sein deutsches Zeitungsblatt habe. Dem Bedürfniß wurde von Samuel J a c o b s e n abgehofen, welcher kühn die Herausgabe einer Zeitung unternahm, welche den schönen Namen "D e m o k r a t i s c h e r H e r o l d" erhielt. Viel läßt sich über diese Erstlingsblüthe deutscheramerikanischer Journalistik in Davenport nicht berichten, denn sie ist nur sechs oder acht Wochen alt gewesen, als sie das Köpfchen hängen ließ und einschlummerte. Wilhelm Stolley (in 1856 und 1857 der Führer der holsteinschen Kolonisten-Gesellschaft von Davenport, welche Grand Island in Nebraska gründete), erzählte von diesem Zeitungsgründer in späteren Jahren, derselbe sei ein Kandidat der Theologie gewesen und hätte, seinen eigenen Angaben nach, längere Jahre als Hauslehrer bei einem der Großfürsten in St. Petersburg fungirt. "Herr Jacobsen war", so schrieb Stollen, "ein rechter Schlaumeier. Er trug eine stark verschossene Sammetmütze, die er weit in den Nacken gerückt hielt; er hatte kleine graublaue und binzelnde Aeuglein und ging ziemlich schäbig gekleidet; aber daß er verflixt klug war, hat er bewiesen. Er logirte bei meinem alten Freunde Charles Enser am Washington Square und blieb sein Quartiergeld schuldig. Für Jacobsen war es eine leichte Sache, mich zu bewegen "mein ganzes Vermögen", welches übrigens nicht weither war, dem gemeinnützigen Unternehmen dienstbar zu machen. An großen Versprechungen ließ er es nicht fehlen, so daß ich das nöthige Bretterholz anschaffte und eigenhändig nach seinen Anordnungen die Setzkästen für seine Zeitungsdruckerei anfertigte. Von den ihm vertrauenden Bürgern in Stadt und Land ließ er sich das Geld auf eun Jahr vorausbezahlen und nahm nach kurzer Zeit französischen Abschied. Jetzt wird er wohl schon lange im Himmel sein." John Ewers, der bekannte frühere Barbier, welcher
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