Transcribe
Translate
Die Geschichte der Stadt Davenport (part 2)
Page 486
More information
digital collection
archival collection guide
transcription tips
472 Die Geschichte von Davenport verdanken wir eine humoristische selbstpersiflirende Schilderung der Knabenjahre des Blattes, dessen oft sehr kritische Lage manches bedenkliche Kopfschütteln, manche sorgenvoll durchwachte Nacht der theilnehmenden Freunde verursachte, die gern helfen wollten, aber nicht konnten. Für die heutigen Leser gehören jene Zustände schon in das Sagenhafte. In einem Antrittsartikel entwickelte der Herausgeber das freidemokratische Programm der Zeitung, und als Feuilleton erschien der Anfang von Hauff's Novelle "Das Bild des Kaisers". Die zweite Seite enthält einen Aufruf Ludwig Kossuth's an das amerikanische Volk, in welchem der ehemalige Diktator Ungars den "jungen bartlosen Nero", nämlich den Kaiser Franz Joseph furchtbar verdonnert und ihm und dem Hause Habsburg die Existenzberechtigung abspricht. Da hieß es wörtlich: "Franz Joseph, du bartloser junger Nero, du wagst zu sagen, daß Ungarn nicht mehr bestehen solle! Wir, das Volk, antworten: Wir sind und wollen bestehen; aber du und dein verrätherisches Haus, Ihr sollt nicht länger stehen! Du und Ihr sollt nicht mehr Könige von Ungarn sein! Seid auf immer verbannt, Ihr Verräther des Volkes." Die erste Zeitung enthält ferner ein Gedicht von Theo. Gülich "Das Grab." (eines unbekannten schlesw.-holst. Freiheitskämpfers) nebst Aufsätzen und Notizen verschiedenen Inhalts, sowie einige Anzeigen. Die letzteren beschränken sich auf den bescheidenen Geschäftsverkehr jener Zeit. J. F. Rowohl empfiehlt sein Drygoods- und Grocerie-Geschäft, und dasselbe thun Otto Klug, A. Behrens und C. W. Asmussen. Die "Deutsche Brandgilde" ladet zur Mitgliedschaft ein, und H. Fahrenholtz kündigt die Eröffnung seiner Mahlmühle an. Der Advokat Hans Reimer Claussen, früheres Mitglied der Regierung von Schleswig-Holstein und des Deutschen Parlaments, zeigt an, daß er eine Uebersetzung des Gesetzbuches von Iowa vorbereite, welches den Subskribenten als werthvoller Rathgeber in Rechtssachen zu dem billigen Preise von $2.50 empfohlen wird. Da dieses Buch nie erschienen ist, muß man wohl annehmen, daß nicht genügend viele Vorausbestellungen gemacht waren. Die Druckerei bestand aus ungefähr 150 Pfund Schrift, zwei Setzkästen, einigen alten "Schiffen" und mehreren breiten Brettern. Die "Form" mußte auf der alten hölzernen Handpresse "aufgemacht" werden, welche eine Rarität ihrer Art und von T. D. Eagal für $75 auf Kredit gekauft worden war. Ihre Bezahlung hat dem Herausgeber manche sorgenvolle Stunde bereitet. Ein Theil der Schrift rührte, wie schon bemerkt, aus dem Nachlaß der ersten deutschen Zeitung von Davenport her. Durch Umzug nach der Gaines Straße zwischen der Vierten
Saving...
prev
next
472 Die Geschichte von Davenport verdanken wir eine humoristische selbstpersiflirende Schilderung der Knabenjahre des Blattes, dessen oft sehr kritische Lage manches bedenkliche Kopfschütteln, manche sorgenvoll durchwachte Nacht der theilnehmenden Freunde verursachte, die gern helfen wollten, aber nicht konnten. Für die heutigen Leser gehören jene Zustände schon in das Sagenhafte. In einem Antrittsartikel entwickelte der Herausgeber das freidemokratische Programm der Zeitung, und als Feuilleton erschien der Anfang von Hauff's Novelle "Das Bild des Kaisers". Die zweite Seite enthält einen Aufruf Ludwig Kossuth's an das amerikanische Volk, in welchem der ehemalige Diktator Ungars den "jungen bartlosen Nero", nämlich den Kaiser Franz Joseph furchtbar verdonnert und ihm und dem Hause Habsburg die Existenzberechtigung abspricht. Da hieß es wörtlich: "Franz Joseph, du bartloser junger Nero, du wagst zu sagen, daß Ungarn nicht mehr bestehen solle! Wir, das Volk, antworten: Wir sind und wollen bestehen; aber du und dein verrätherisches Haus, Ihr sollt nicht länger stehen! Du und Ihr sollt nicht mehr Könige von Ungarn sein! Seid auf immer verbannt, Ihr Verräther des Volkes." Die erste Zeitung enthält ferner ein Gedicht von Theo. Gülich "Das Grab." (eines unbekannten schlesw.-holst. Freiheitskämpfers) nebst Aufsätzen und Notizen verschiedenen Inhalts, sowie einige Anzeigen. Die letzteren beschränken sich auf den bescheidenen Geschäftsverkehr jener Zeit. J. F. Rowohl empfiehlt sein Drygoods- und Grocerie-Geschäft, und dasselbe thun Otto Klug, A. Behrens und C. W. Asmussen. Die "Deutsche Brandgilde" ladet zur Mitgliedschaft ein, und H. Fahrenholtz kündigt die Eröffnung seiner Mahlmühle an. Der Advokat Hans Reimer Claussen, früheres Mitglied der Regierung von Schleswig-Holstein und des Deutschen Parlaments, zeigt an, daß er eine Uebersetzung des Gesetzbuches von Iowa vorbereite, welches den Subskribenten als werthvoller Rathgeber in Rechtssachen zu dem billigen Preise von $2.50 empfohlen wird. Da dieses Buch nie erschienen ist, muß man wohl annehmen, daß nicht genügend viele Vorausbestellungen gemacht waren. Die Druckerei bestand aus ungefähr 150 Pfund Schrift, zwei Setzkästen, einigen alten "Schiffen" und mehreren breiten Brettern. Die "Form" mußte auf der alten hölzernen Handpresse "aufgemacht" werden, welche eine Rarität ihrer Art und von T. D. Eagal für $75 auf Kredit gekauft worden war. Ihre Bezahlung hat dem Herausgeber manche sorgenvolle Stunde bereitet. Ein Theil der Schrift rührte, wie schon bemerkt, aus dem Nachlaß der ersten deutschen Zeitung von Davenport her. Durch Umzug nach der Gaines Straße zwischen der Vierten
Germans in Iowa
sidebar