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Die Geschichte der Stadt Davenport (part 2)
Page 504
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490 Die Geschichte von Davenport. und durch Vermittelung des Regierungspräsidenten v. Scheel erhielt Reichmann eine Audienz beim König, dem er sein Anliegen vortrug. Beim Gespräch war er wohl nicht allzu devot und der König gab ihm mit kurzer Handbewegung zu verstehen, daß die Audienz zu Ende und das Gesuch abgewiesen sei. Anstatt sich rückwärts zu konzentrieren, machte Reichmann stramm Kehrt und schritt zur Thür hinaus, während er höchst unehrerbietig einen Rockschoß empohob. Wüthend rief der König ihn zurück, fixirte ihn eine Minute scharf und ließ sich die Papiere nochmals überreichen, um sie durchzugehen. Diesmal erfolgte der Abtritt des jungen Buchdruckers nach den Regeln des Ceremonielles, aber die Erlaubniß zur Niederlassung erhielt er dennoch nicht, und er blieb Druckergehülfe. Reichmann war ein "Charakter." Unbeugsam und unbekümmert um etwaige Folgen trat er jederzeit kampfbereit für seine Ueberzeugung und sein Recht, oder was er für das Recht hielt, in die Schranken. Er war eine ruhelose Kampfnatur und aus diesem Grunde, sowie wegen seiner Leidenschaft für die Jagd, hat er zahlreiche amüsante, wie auch recht ernste Abenteuer erlebt. Noch in seinem hohen Alter wurde er nach einem Streit mit einem Nachbarn in Tama County, Iowa, von diesem und seinen Söhnen Abends überfallen und so mißhandelt, daß er an der Landstraße liegen blieb und erst mehrere Stunden später fast auf den Tod verletzt aufgefunden und in seine Wohnung geschafft wurde. Er überstand jedoch die Folgen dieser Mißhandlung, die in seinem Wesen keine Aenderung hervorbrachte. Als der Krieg der Elbherzogthümer gegen Dänemark ausbrach, stand Reichmann selbstverständlich auf Seiten der Volkssache. Im Mai 1850 machte er sich mit Frau und Kindern auf die Reise nach Amerika. Nach einer Fahrt von neuen Wochen erfolgte die Landung in Quebec, und von dort ging's, wieder zu Schiff, weiter über Buffalo und Detroit nach Chicago und von da nach sehr kurzem Aufenthalt nach Sheboygan in Wisconsin. Die Aussicht auf ein freies Farmer- und abenteuerliches Jägerleben lockte ihn dorthin. Er besichtigte auch Land im Urwald, aber wurde von seinen Illusionen bald kurirt und nahm eine Stelle als Setzer in einer englischen Zeitung an mit $5 Wochenlohn. Es gab damals in Wisconsin nur zwei deutsche Zeitungen, und diese wurden in Milwaukee herausgegeben. In und bei Sheboygan hatten sich viele Deutsche, darunter sehr gebildete, angesiedelt und die junge Kolonie hatte Aussichten für eine gute Zukunft; deshalb wurde auch das "Bedürfniß" für eine deutsche Zeitung empfunden. Mit Albert Marschner, dem Sohn des bekannten Komponisten Heinrich Marschner, grün-
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490 Die Geschichte von Davenport. und durch Vermittelung des Regierungspräsidenten v. Scheel erhielt Reichmann eine Audienz beim König, dem er sein Anliegen vortrug. Beim Gespräch war er wohl nicht allzu devot und der König gab ihm mit kurzer Handbewegung zu verstehen, daß die Audienz zu Ende und das Gesuch abgewiesen sei. Anstatt sich rückwärts zu konzentrieren, machte Reichmann stramm Kehrt und schritt zur Thür hinaus, während er höchst unehrerbietig einen Rockschoß empohob. Wüthend rief der König ihn zurück, fixirte ihn eine Minute scharf und ließ sich die Papiere nochmals überreichen, um sie durchzugehen. Diesmal erfolgte der Abtritt des jungen Buchdruckers nach den Regeln des Ceremonielles, aber die Erlaubniß zur Niederlassung erhielt er dennoch nicht, und er blieb Druckergehülfe. Reichmann war ein "Charakter." Unbeugsam und unbekümmert um etwaige Folgen trat er jederzeit kampfbereit für seine Ueberzeugung und sein Recht, oder was er für das Recht hielt, in die Schranken. Er war eine ruhelose Kampfnatur und aus diesem Grunde, sowie wegen seiner Leidenschaft für die Jagd, hat er zahlreiche amüsante, wie auch recht ernste Abenteuer erlebt. Noch in seinem hohen Alter wurde er nach einem Streit mit einem Nachbarn in Tama County, Iowa, von diesem und seinen Söhnen Abends überfallen und so mißhandelt, daß er an der Landstraße liegen blieb und erst mehrere Stunden später fast auf den Tod verletzt aufgefunden und in seine Wohnung geschafft wurde. Er überstand jedoch die Folgen dieser Mißhandlung, die in seinem Wesen keine Aenderung hervorbrachte. Als der Krieg der Elbherzogthümer gegen Dänemark ausbrach, stand Reichmann selbstverständlich auf Seiten der Volkssache. Im Mai 1850 machte er sich mit Frau und Kindern auf die Reise nach Amerika. Nach einer Fahrt von neuen Wochen erfolgte die Landung in Quebec, und von dort ging's, wieder zu Schiff, weiter über Buffalo und Detroit nach Chicago und von da nach sehr kurzem Aufenthalt nach Sheboygan in Wisconsin. Die Aussicht auf ein freies Farmer- und abenteuerliches Jägerleben lockte ihn dorthin. Er besichtigte auch Land im Urwald, aber wurde von seinen Illusionen bald kurirt und nahm eine Stelle als Setzer in einer englischen Zeitung an mit $5 Wochenlohn. Es gab damals in Wisconsin nur zwei deutsche Zeitungen, und diese wurden in Milwaukee herausgegeben. In und bei Sheboygan hatten sich viele Deutsche, darunter sehr gebildete, angesiedelt und die junge Kolonie hatte Aussichten für eine gute Zukunft; deshalb wurde auch das "Bedürfniß" für eine deutsche Zeitung empfunden. Mit Albert Marschner, dem Sohn des bekannten Komponisten Heinrich Marschner, grün-
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