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Die Geschichte der Stadt Davenport (part 2)
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500 Die Geschichte von Davenport. Onkels gegolten; aber er selber vernichtete diese Aussicht. Enterbt, aber mit einem reichen Bildungsschatz ausgestattet, kam er im Alter von 34 Jahren in 1847 nach Amerika, begleitet von seiner Gattin, Caroline, geb. Ehlers, mit der er sich fünf Jahre vorher verheirathet hatte. Nach kurzem Aufenthalt in Baltimore ließ Stibolt sich in Missouri nieder, wo er als Lehrer und Farmer thätig war, ein "lateinischer Farmer", also wenig "praktisch", wie so viele andere deutsche Gelehrte jener Zeit in Missouri und dem südlichen Illinois. In 1851 begab er sich nach Alton, Ill., wo er in Verbindung mit Friedr. Schmidt die "freien Blätter" herausgab, die eine entschieden realistische Weltanschauung vertraten und die Negersklaverei bekämpften. Schmidt starb im folgenden Jahre, und Stibolt setzte das Zeitungsunternehmen unter dem "Vorwärts" fort. Es war ein Wochenblatt mit radikal abolitionistischer Tendenz in dem nämlichen Alton, wo etwa zwölf Jahre vorher Elijah Lovejoy wegen seiner abolitionistischen Thätigkeit nach Zerstörung seiner Druckerei schmählich ermordet worden war. Auch Stibolt's Leben war mehr als einmal von dem sklavereifreundlichen Theil der Bevölkerung ernstlich bedroht, und er sah sich genöthigt, weiter nordwärts ein neues Wirkungsfeld zu suchen. Er brachte seinen "Vorwärts" nach Galena und begann dort zugleich die Herausgabe einer Monatsschrift "Amerika". In beiden Publikationen behandelte er die großen, nach ihrer Lösung drängenden Tagesfragen von geschichtlichen und verfassungsmäßigen Gesichtspunkten. Politisch waren sie einflußreich und fast epochemachend im Nordwesten; aber geschäftlich waren sie ein Fehlschlag, und Mitte Januar 1856 sah ihr Herausgeber sich zu ihrer "vorläufigen Suspendirung" genöthigt, da die Liste der zahlenden Leser kaum einhundert betrug. In seiner Erklärung sagte Stibolt: "Die moderne Demokratie in Verbindung mit dem Jesuititsmus aller Schattirungen hat kein Mittel gescheut, uns zu verderben, nachdem jeder Versuch, und zu gewinnen, an unserer Halsstarrigkeit (sollte heißen "Ueberzeugungstreue") gescheitert war. Heimlich verfolgt und aufs erbärmlichste verleumdet von Solchen, deren unehrenhafte Zumuthungen wir derb und ernst zurückgewieden, fühlten wir bald die Schwierigkeiten unserer isolirten Stellung, die wir jetzt aufzugeben gezwungen sind...." Einige Monate später folgte Stibolt einer Einladung des republikanischen Central-Ausschusses für Illinois unter verlockenden Versprechungen, die nicht gehalten wurden, nach Peoria, wo er die Redaktion der "Deutschen Zeitung" übernahm, in welcher er John C. Fremont's Präsidentschafts-Kandidatur unterstützte. Dort bestand noch eine andere
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500 Die Geschichte von Davenport. Onkels gegolten; aber er selber vernichtete diese Aussicht. Enterbt, aber mit einem reichen Bildungsschatz ausgestattet, kam er im Alter von 34 Jahren in 1847 nach Amerika, begleitet von seiner Gattin, Caroline, geb. Ehlers, mit der er sich fünf Jahre vorher verheirathet hatte. Nach kurzem Aufenthalt in Baltimore ließ Stibolt sich in Missouri nieder, wo er als Lehrer und Farmer thätig war, ein "lateinischer Farmer", also wenig "praktisch", wie so viele andere deutsche Gelehrte jener Zeit in Missouri und dem südlichen Illinois. In 1851 begab er sich nach Alton, Ill., wo er in Verbindung mit Friedr. Schmidt die "freien Blätter" herausgab, die eine entschieden realistische Weltanschauung vertraten und die Negersklaverei bekämpften. Schmidt starb im folgenden Jahre, und Stibolt setzte das Zeitungsunternehmen unter dem "Vorwärts" fort. Es war ein Wochenblatt mit radikal abolitionistischer Tendenz in dem nämlichen Alton, wo etwa zwölf Jahre vorher Elijah Lovejoy wegen seiner abolitionistischen Thätigkeit nach Zerstörung seiner Druckerei schmählich ermordet worden war. Auch Stibolt's Leben war mehr als einmal von dem sklavereifreundlichen Theil der Bevölkerung ernstlich bedroht, und er sah sich genöthigt, weiter nordwärts ein neues Wirkungsfeld zu suchen. Er brachte seinen "Vorwärts" nach Galena und begann dort zugleich die Herausgabe einer Monatsschrift "Amerika". In beiden Publikationen behandelte er die großen, nach ihrer Lösung drängenden Tagesfragen von geschichtlichen und verfassungsmäßigen Gesichtspunkten. Politisch waren sie einflußreich und fast epochemachend im Nordwesten; aber geschäftlich waren sie ein Fehlschlag, und Mitte Januar 1856 sah ihr Herausgeber sich zu ihrer "vorläufigen Suspendirung" genöthigt, da die Liste der zahlenden Leser kaum einhundert betrug. In seiner Erklärung sagte Stibolt: "Die moderne Demokratie in Verbindung mit dem Jesuititsmus aller Schattirungen hat kein Mittel gescheut, uns zu verderben, nachdem jeder Versuch, und zu gewinnen, an unserer Halsstarrigkeit (sollte heißen "Ueberzeugungstreue") gescheitert war. Heimlich verfolgt und aufs erbärmlichste verleumdet von Solchen, deren unehrenhafte Zumuthungen wir derb und ernst zurückgewieden, fühlten wir bald die Schwierigkeiten unserer isolirten Stellung, die wir jetzt aufzugeben gezwungen sind...." Einige Monate später folgte Stibolt einer Einladung des republikanischen Central-Ausschusses für Illinois unter verlockenden Versprechungen, die nicht gehalten wurden, nach Peoria, wo er die Redaktion der "Deutschen Zeitung" übernahm, in welcher er John C. Fremont's Präsidentschafts-Kandidatur unterstützte. Dort bestand noch eine andere
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