Transcribe
Translate
Die Geschichte der Stadt Davenport (part 2)
Page 600
More information
digital collection
archival collection guide
transcription tips
586 Die Geschichte von Davenport. beitet hatte, sich für die Advokatur ausgebildet. In Chicago betrieb er Grundeigenthumsgeschäfte und Besitzübertragungen, wobei er sich eine große Sammlung von Abstrakten oder Besitztitelketten anlegte. Bei dem großen Chicagoer Brande von 1871 verlor er seine Habe, mit Ausnahme einer Menge Schmuck- und Silbersachen, welche seine Frau nebst den Grundstückakten klugerweise eiligst vergraben hatte. Diese Titelausweise oder Abstrakte erwiesen sich sehr werthvoll als auf der riesigen Brandstätte die Eigenthumsrechte festgestellt werden sollten. Dies konnte Nissen in vielen hunderten von Fällen thun, und er wurde wieder wohlhabend.) Die alten Deutschen hier waren, wie schon öfters gesagt, im ganzen sehr frohlebig. Der Lohn für ihren Fleiß, und ihre Arbeit war nicht groß, aber er genügte zu einem behaglichen Auskommen. Viele sparten dabei sogar etwas; aber um die Zukunft machte man sich keine großen Sorgen auf Kosten der Gegenwart. Die Vergnügungen bei Piknik oder Tanz waren zudem nicht kostspielig. Alt und Jung freute sich des Sonntags. Die Jungen allerdings durften dabei nicht sehr übermüthig sein; ihre Taschen waren schlapp und sie mußten mit ihren paar Cents wuchern. Wie sie dabei zu Werke gingen, erzählte der alte John Hill, der auch einmal jung gewesen ist: Wenn ein halbes Dutzend oder mehr solcher jungen Buschen zum Piknik gingen, machten sie einen Ueberschlag über ihre Kasse, welche sie zusammenschossen, und wenn sie einen der wohlhabenden älteren und als freigebig bekannten Landsleute erspäht hatten, suchten sie unauffällig in seine Nähe zu kommen und höflich ein Gespräch mit ihm zu beginnen, in dessen Verlauf sie ihn ebenso höflich und bescheiden zu einem Gläschen Bier einluden. Die Einladung wurde freundlich angenommen, und der Schatzmeister zahlte mit einer Grazie, als hätte er Tausende im Sack. Solch nobles Benehmen forderte selbstverständlich Erwiederung, und der liberale geehrte Herr revanchirte sich, indem er die ganze Gesellschaft traktirte, die auf solche Weise die Kaufkraft ihres Nickels verdoppelt hatte. Das Experiment wurde von den Schlaubergern mehrmals mit Erfolg wiederholt. Diese Art der deutschen "Sabbathfeier" fand nicht den ungetheilten Beifall der "Natives". Alfred Sanders, der Senior-Editor der "Gazette", dessen Bruder Addison in solchen Dingen liberaleren Anschauungen huldigte, konnte es sich nicht versagen, den Deutschen, denen er oft viel Schmeichelhaftes sagte, wegen ihrer Sonntagsvergnügungen sein großes Mißfallen auszusprechen, und ein angeblicher Chicagoer schrieb über seine hiesigen Beobachtungen das Folgende an die genannte Zeitung: "Die Bevölkerung besteht aus Eingeborenen mit einem starken Einschlag von
Saving...
prev
next
586 Die Geschichte von Davenport. beitet hatte, sich für die Advokatur ausgebildet. In Chicago betrieb er Grundeigenthumsgeschäfte und Besitzübertragungen, wobei er sich eine große Sammlung von Abstrakten oder Besitztitelketten anlegte. Bei dem großen Chicagoer Brande von 1871 verlor er seine Habe, mit Ausnahme einer Menge Schmuck- und Silbersachen, welche seine Frau nebst den Grundstückakten klugerweise eiligst vergraben hatte. Diese Titelausweise oder Abstrakte erwiesen sich sehr werthvoll als auf der riesigen Brandstätte die Eigenthumsrechte festgestellt werden sollten. Dies konnte Nissen in vielen hunderten von Fällen thun, und er wurde wieder wohlhabend.) Die alten Deutschen hier waren, wie schon öfters gesagt, im ganzen sehr frohlebig. Der Lohn für ihren Fleiß, und ihre Arbeit war nicht groß, aber er genügte zu einem behaglichen Auskommen. Viele sparten dabei sogar etwas; aber um die Zukunft machte man sich keine großen Sorgen auf Kosten der Gegenwart. Die Vergnügungen bei Piknik oder Tanz waren zudem nicht kostspielig. Alt und Jung freute sich des Sonntags. Die Jungen allerdings durften dabei nicht sehr übermüthig sein; ihre Taschen waren schlapp und sie mußten mit ihren paar Cents wuchern. Wie sie dabei zu Werke gingen, erzählte der alte John Hill, der auch einmal jung gewesen ist: Wenn ein halbes Dutzend oder mehr solcher jungen Buschen zum Piknik gingen, machten sie einen Ueberschlag über ihre Kasse, welche sie zusammenschossen, und wenn sie einen der wohlhabenden älteren und als freigebig bekannten Landsleute erspäht hatten, suchten sie unauffällig in seine Nähe zu kommen und höflich ein Gespräch mit ihm zu beginnen, in dessen Verlauf sie ihn ebenso höflich und bescheiden zu einem Gläschen Bier einluden. Die Einladung wurde freundlich angenommen, und der Schatzmeister zahlte mit einer Grazie, als hätte er Tausende im Sack. Solch nobles Benehmen forderte selbstverständlich Erwiederung, und der liberale geehrte Herr revanchirte sich, indem er die ganze Gesellschaft traktirte, die auf solche Weise die Kaufkraft ihres Nickels verdoppelt hatte. Das Experiment wurde von den Schlaubergern mehrmals mit Erfolg wiederholt. Diese Art der deutschen "Sabbathfeier" fand nicht den ungetheilten Beifall der "Natives". Alfred Sanders, der Senior-Editor der "Gazette", dessen Bruder Addison in solchen Dingen liberaleren Anschauungen huldigte, konnte es sich nicht versagen, den Deutschen, denen er oft viel Schmeichelhaftes sagte, wegen ihrer Sonntagsvergnügungen sein großes Mißfallen auszusprechen, und ein angeblicher Chicagoer schrieb über seine hiesigen Beobachtungen das Folgende an die genannte Zeitung: "Die Bevölkerung besteht aus Eingeborenen mit einem starken Einschlag von
Germans in Iowa
sidebar