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Die Geschichte der Stadt Davenport (part 2)
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Das deutsche Theater. 631 meistens mit großem Kostenaufwand ausgestattet waren, so daß die Illusion bei vorzüglcher Aufführung eine vollständige war. Zu verschiedenen Zeiten haben hervorragende Celebritäten, wie Fanny Janauschek, Magda Irschick, Marie Geistinger etc. mit ihren eigenen Gesellschaften in diesem Theater gastirt. Nicht immer hielt die Kunst sich in dem Rahmen ernster oder auch heiterer Konvenienz; manchmal machte sie übermüthige Sprünge, besonders in der Faschingszeit, wo derbspaßige Stücke gegeben wurden. Als bei einer solchen Aufführung des "Rochus Pumpernickel" der von Matthes Weidemann gerittene und mit Würsten behangene Esel sich störrig zeigte, kitzelte John Hill ihn mit der Spitze eines Federmessers in den Hinterschenkel, worauf das Thier in großen Sprüngen über die Bühne galoppirte, daß die Würste ihm an die Seiten und dem Reiter um die Ohren schlugen. Solche Fastnachtsscherze waren auch die Aufführungen von Theaterstücken des einheimischen Dichters August Friedrich Hamann, eines armen Schneiders, dem keine Schulung zutheil geworden war, der sich aber durch vieles Lesen und auf der Wanderschaft ein vielseitiges Wissen angeeignet hatte, auf welchem er eine ziemlich gesunde, aber dabei doch karrikirte Weltanschauung aufbaute, der er in hunderten von Gedichten und mehreren Theaterstücken Ausdruck gab, meistens mit den Homer'schen Erzählungen als Grundlage. Hamann besaß unzweifelhaft bedeutende Naturgaben, und er wäre unter günstigeren Verhältnissen vielleicht ein Stern am Dichterhimmel geworden. So aber war er nur einem Bildhauer zu vergleichen, dem zur Bearbeitung eines Holzblockes nur eine Axt zur Vefügung steht, dessen Produkt aber dennoch in seinen Umrissen seine Genialität verräth. Sein "Landleben in Holstein" und seine Oper "Zeitenzeiger", in welcher er die großen Weltkörper und Naturkräfte als handelnde Personen einführt, wurden mit drastischem Humor als dramatische Karrikaturen verarbeitet und wirkten demgemäß auf das Publikum. - Auch viele kleine Anekdoten könnten aus der Davenporter Theaterzeit erzählt werden. Als Gustav Donald, ein früheres Mitglied der berühmten "Meininger", der etwa 25 Jahre mit der hiesigen Bühne und meistens als Regisseur in Verbindung gestanden hat, zum erstenmal am 20. April 1879 in Gutzkow's "Königs-Lieutenant" als Graf Thorane auftrat, der sein Deutsch bekanntlich mit stark französischem Anflug spricht, trat ein biederer Farmer an den Direktor Hill heran und sagte: "Du, John, du warst doch den nich angascheern; de Kerl kann ja nich mal orntlich dütsch reden." Später muß dieser Theaterfreund doch wohl von Donald's deutsch befriedigt gewesen
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Das deutsche Theater. 631 meistens mit großem Kostenaufwand ausgestattet waren, so daß die Illusion bei vorzüglcher Aufführung eine vollständige war. Zu verschiedenen Zeiten haben hervorragende Celebritäten, wie Fanny Janauschek, Magda Irschick, Marie Geistinger etc. mit ihren eigenen Gesellschaften in diesem Theater gastirt. Nicht immer hielt die Kunst sich in dem Rahmen ernster oder auch heiterer Konvenienz; manchmal machte sie übermüthige Sprünge, besonders in der Faschingszeit, wo derbspaßige Stücke gegeben wurden. Als bei einer solchen Aufführung des "Rochus Pumpernickel" der von Matthes Weidemann gerittene und mit Würsten behangene Esel sich störrig zeigte, kitzelte John Hill ihn mit der Spitze eines Federmessers in den Hinterschenkel, worauf das Thier in großen Sprüngen über die Bühne galoppirte, daß die Würste ihm an die Seiten und dem Reiter um die Ohren schlugen. Solche Fastnachtsscherze waren auch die Aufführungen von Theaterstücken des einheimischen Dichters August Friedrich Hamann, eines armen Schneiders, dem keine Schulung zutheil geworden war, der sich aber durch vieles Lesen und auf der Wanderschaft ein vielseitiges Wissen angeeignet hatte, auf welchem er eine ziemlich gesunde, aber dabei doch karrikirte Weltanschauung aufbaute, der er in hunderten von Gedichten und mehreren Theaterstücken Ausdruck gab, meistens mit den Homer'schen Erzählungen als Grundlage. Hamann besaß unzweifelhaft bedeutende Naturgaben, und er wäre unter günstigeren Verhältnissen vielleicht ein Stern am Dichterhimmel geworden. So aber war er nur einem Bildhauer zu vergleichen, dem zur Bearbeitung eines Holzblockes nur eine Axt zur Vefügung steht, dessen Produkt aber dennoch in seinen Umrissen seine Genialität verräth. Sein "Landleben in Holstein" und seine Oper "Zeitenzeiger", in welcher er die großen Weltkörper und Naturkräfte als handelnde Personen einführt, wurden mit drastischem Humor als dramatische Karrikaturen verarbeitet und wirkten demgemäß auf das Publikum. - Auch viele kleine Anekdoten könnten aus der Davenporter Theaterzeit erzählt werden. Als Gustav Donald, ein früheres Mitglied der berühmten "Meininger", der etwa 25 Jahre mit der hiesigen Bühne und meistens als Regisseur in Verbindung gestanden hat, zum erstenmal am 20. April 1879 in Gutzkow's "Königs-Lieutenant" als Graf Thorane auftrat, der sein Deutsch bekanntlich mit stark französischem Anflug spricht, trat ein biederer Farmer an den Direktor Hill heran und sagte: "Du, John, du warst doch den nich angascheern; de Kerl kann ja nich mal orntlich dütsch reden." Später muß dieser Theaterfreund doch wohl von Donald's deutsch befriedigt gewesen
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