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Die Geschichte der Stadt Davenport (part 2)
Page 699
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Einige Rückblicke und Ausblicke. 685 Der neidvolle Nativismus wurde nach kurzer Zeit unterdrückt, weil große politische Fragen, die für den Lebensbestand der amerikanischen Union von höchster Wichtigkeit waren, zu ihrer Lösung drängten. Aber er schlummerte nur und hat zu verschiedenen Zeiten seinen Kopf wieder erhoben. Die gegen den heiteren Lebensgenuß gerichteten Sabbath- und sonstigen puritanischen Zwangsgesetze sind sein Werk. Zu Anfang des französisch-deutschen Krieges von 1870-71 streckte er seine Fühler wieder weit hervor; aber nach den rasch aufeinander folgenden großen Waffenerfolgen zog er sie wieder ein und schlummerte weiter, nur Stank verbreitend, der jedoch gegen den Weihrauchduft, welcher den Deutschamerikanern und den Deutschen in zahlreichen Büchern, Magazinen und Zeitungen gespendet wurde, nicht aufkommen konnte. Ein großer Theil dieses Lobes ist unzweifelhaft ganz ehrlich gemeint gewesen. Die Deutschen nahmen es dankbar an und waren stolz auf die Anerkennung. Aber das änderte sich fast mit einem Schlage nach dem Ausbruch des Weltkrieges von 1914, in welchen gegen Ende seines dritten Jahres auch die Ver. Staaten auf Seiten England's, ihres alten Feindes, hineingezogen wurden, nachdem sie vorher bereits als dessen stiller Theilhaber gegolten hatten. Es wurde dem alten Nativismus bei der allgemein herrschenden Erregung sehr leicht, die Leidenschaften aufzustacheln und eine Epidemie von hysterischem Patriotismus zu verursachen. Das sosnt so ruhige Davenport wurde ebenfalls zu einer Szene wilder Orgien. Der Chronik um mehrere Jahrzehnte vorgreifend, sei hier festgestellt, daß eine der englischen Tageszeitungen seit dem Beginn des Krieges durch die giftigsten Gehässigkeiten gegen Deutschland die Gefühle der hiesigen Deutschamerikaner tief verletzt hat. Das war ein Geburts- und Erziehungsfehler ihre Redakteurs. Die andere englische Zeitung hatte sich einer neutralen Haltung befleißigt und sogar die amerikanische Regierung oft wegen deren unfreundlicher Haltung gegen Deutschland scharf kritisirt. Deren Redaktion ging, wie es bei Renegaten gewöhnlich, nach der amerikanischen Kriegserklärung um so heftiger ins Zeug. Es wurden auch Redner, darunter thatsächliche Verbrecher, hierhergebracht, die mit ihren Schilderungen angeblicher deutscher Scheußlichkeiten, die sie selber gesehen zu haben behaupteten, ihre weiblichen Zuhörer aus der feinen Gesellschaft zu Thränengüssen rührten. In Klubs und an anderen Orten wurden Deutsche durch hämische Sticheleien gegen das Land ihrer Geburt oder Abstammung zu Widerspruch gereizt und gingen nach solcher Provokation in ihren Entgegenun-
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Einige Rückblicke und Ausblicke. 685 Der neidvolle Nativismus wurde nach kurzer Zeit unterdrückt, weil große politische Fragen, die für den Lebensbestand der amerikanischen Union von höchster Wichtigkeit waren, zu ihrer Lösung drängten. Aber er schlummerte nur und hat zu verschiedenen Zeiten seinen Kopf wieder erhoben. Die gegen den heiteren Lebensgenuß gerichteten Sabbath- und sonstigen puritanischen Zwangsgesetze sind sein Werk. Zu Anfang des französisch-deutschen Krieges von 1870-71 streckte er seine Fühler wieder weit hervor; aber nach den rasch aufeinander folgenden großen Waffenerfolgen zog er sie wieder ein und schlummerte weiter, nur Stank verbreitend, der jedoch gegen den Weihrauchduft, welcher den Deutschamerikanern und den Deutschen in zahlreichen Büchern, Magazinen und Zeitungen gespendet wurde, nicht aufkommen konnte. Ein großer Theil dieses Lobes ist unzweifelhaft ganz ehrlich gemeint gewesen. Die Deutschen nahmen es dankbar an und waren stolz auf die Anerkennung. Aber das änderte sich fast mit einem Schlage nach dem Ausbruch des Weltkrieges von 1914, in welchen gegen Ende seines dritten Jahres auch die Ver. Staaten auf Seiten England's, ihres alten Feindes, hineingezogen wurden, nachdem sie vorher bereits als dessen stiller Theilhaber gegolten hatten. Es wurde dem alten Nativismus bei der allgemein herrschenden Erregung sehr leicht, die Leidenschaften aufzustacheln und eine Epidemie von hysterischem Patriotismus zu verursachen. Das sosnt so ruhige Davenport wurde ebenfalls zu einer Szene wilder Orgien. Der Chronik um mehrere Jahrzehnte vorgreifend, sei hier festgestellt, daß eine der englischen Tageszeitungen seit dem Beginn des Krieges durch die giftigsten Gehässigkeiten gegen Deutschland die Gefühle der hiesigen Deutschamerikaner tief verletzt hat. Das war ein Geburts- und Erziehungsfehler ihre Redakteurs. Die andere englische Zeitung hatte sich einer neutralen Haltung befleißigt und sogar die amerikanische Regierung oft wegen deren unfreundlicher Haltung gegen Deutschland scharf kritisirt. Deren Redaktion ging, wie es bei Renegaten gewöhnlich, nach der amerikanischen Kriegserklärung um so heftiger ins Zeug. Es wurden auch Redner, darunter thatsächliche Verbrecher, hierhergebracht, die mit ihren Schilderungen angeblicher deutscher Scheußlichkeiten, die sie selber gesehen zu haben behaupteten, ihre weiblichen Zuhörer aus der feinen Gesellschaft zu Thränengüssen rührten. In Klubs und an anderen Orten wurden Deutsche durch hämische Sticheleien gegen das Land ihrer Geburt oder Abstammung zu Widerspruch gereizt und gingen nach solcher Provokation in ihren Entgegenun-
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